Flexible Biogasanlagen ausbauen und die Energieversorgung sichern

Die Forderungen der Biogas-Branche nach akuten Maßnahmen für eine rentable Energieerzeugung aus Biogas stießen auf ein offenes Ohr bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen). Bereits am 21. Juli 2022 hatte er angekündigt, dass neben weiteren Schritten auch eine kurzfristige Ausweitung der Biogasproduktion zu den Plänen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gehört, um den Bedarf an russischem Erdgas kurzfristig zu reduzieren. Auch die Kurzstudie des Deutschen Biomasseforschungszentrums Leipzig und des Wuppertal Instituts hebt die hohen Hürden für den erweiterten Einsatz von Biogasanlagen hervor. So müsste die Kapazität der Anlagen um ein Vielfaches erhöht werden, damit sie flexibel eingesetzt werden können.

„Die energiewirtschaftlich notwendige Flexibilisierung würde Anlagenbetreiber technisch und betriebswirtschaftlich vor nur schwer zu realisierende Herausforderungen stellen“, sagte Jakob Medick von DWR eco. Daher seien staatliche Anreize notwendig, damit Biogas teilweise die Funktion von Erdgas im zukünftigen Stromsystem einnehmen könne.

Biogasanlagen haben noch Kapazitäten frei

Diese Anreize könnten vor allem mittelfristig ihre Wirkung entfalten. Die Autoren der Studie halten es für möglich, dass Biogas-Anlagen im Jahr 2035, wenn der Strom in Deutschland nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien stammen soll, mit Erdgas betriebene Backup-Kraftwerke ersetzen können. Diese Kraftwerke sollen kurzfristig und flexibel zum Einsatz kommen, wenn etwa zu wenig Wind- oder Solarstrom zur Verfügung steht.

Nach Angaben der Bioenergiebranche gibt es knapp 10.000 Biogas-Anlagen in Deutschland, die jährlich Biomethan mit einem Energiegehalt von rund 95 Terawattstunden (TWh) erzeugen. Davon werden rund 85 TWh vor Ort zu Strom und Wärme umgewandelt und rund 10 TWh als Grundlast oder im Flexbetrieb ins Gasnetz eingespeist. Die meisten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) produzieren dem Hauptstadtbüro Bioenergie zufolge wegen verschiedener Beschränkungen nicht die technisch maximal mögliche Biogasmenge.

Bundesregierung löst beim Biogas die Bremsen

Die Stromproduktion aus Biogas kann in diesem Winter kurzfristig um rund zehn Prozent gesteigert werden, schätzt der Branchenverband. Die Bundesregierung hat dafür die Voraussetzungen geschaffen, indem sie Beschränkungen für die Produktion von Biogasstrom lockert. Zum einen fällt eine Regel, die Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) im Jahr 2013 mit seiner so genannten „Strompreisbremse“ eingeführt hatte: Alle Biogasanlagen durften seither pauschal fünf Prozent weniger Strom liefern, als ihre Motoren eigentlich hergeben. Jetzt dürfen sie wieder ihre volle Leistung liefern. Außerdem erlaubt die Bundesregierung jetzt Anlagen, die bisher nur Gülle und Reststoffe verwenden, zusätzlich beispielsweise Mais zu vergären, um die Energiemenge zu erhöhen.

Leistungssteigerung rein technisch kein Problem

Bis heute dürfen die Biogas-Anlagen weiterhin ihre Leistung nicht erhöhen, obwohl das technisch in den meisten Fällen überhaupt kein Problem wäre. Biogasanlagenbetreiber wie Alfons Himmelstoß haben in den letzten zehn Jahren ihre Anlagen so gebaut, dass ihre BHKW mehr Energie produzieren können, als sie dürfen. Dieses Plus wäre kurzfristig – sozusagen auf Knopfdruck – abrufbar.

„Damit die Biogas-Branche noch den gewünschten Beitrag leisten kann, sollte die Bundesregierung nun zeitnah Ergebnisse präsentieren“, fordert Himmelstoß. Prompt ist Anfang September vom Wirtschaftsministerium ein Vorschlag an die anderen Ministerien verschickt worden, die Möglichkeiten zur Stromerzeugung aus Biogas auszuweiten. Dazu sollen mehrere Gesetze geändert werden. Doch wann dies umgesetzt wird, ist unklar, auch, ob dadurch die Höchstbemessungsleistung fällt. Mit dem neuen Energiesicherungsgesetz sowie begleitenden Änderungen im Baugesetzbuch sollen die bestehenden Hemmnisse für eine kurzfristige Steigerung der Biogasproduktion abgebaut und die bestehenden Potenziale in diesem Bereich weiter genutzt werden.

Wärme aus Biogas jetzt viel wertvoller

Deutlich interessanter wird jetzt in der Energiekrise auch die Nutzung von Wärme aus Biogas. In der Frühzeit der Biogas-Entwicklung um die Jahrtausendwende wurde die Nutzung der Abwärme aus den Anlagen oft vernachlässigt, weil sie sich allein durch die Stromproduktion rentierten. Das hat sich bereits in den vergangenen Jahren Stück für Stück geändert, weil der Zwang, an Ausschreibungen der Bundesnetzagentur teilzunehmen, Druck auf die Betreiber ausübte, auch Einnahmen aus dem Wärmeverkauf zu realisieren.

Durch den enormen Anstieg der Energiepreise lohnt sich die Nutzung der Wärme jetzt noch mehr. „Den Betreibern werden momentan die Türen eingerannt“, beschreibt Andrea Horbelt vom Fachverband Biogas: „Jeder, der in der Nähe einer Biogasanlage wohnt, geht momentan hin und fragt, ob er da nicht vielleicht noch angeschlossen werden kann.“

 

Foto: © Jürgen Fälchle, Adobe Stock

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